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Mehrere Marktentwicklungen haben den bekannten Hersteller von Sicherheitstechnik veranlasst, seine Intralogistik zu modernisieren. Verändertes Bestellverhalten und die Nutzung neuer Kommunikationstechniken ließen die bisher praktizierte Auftragsbearbeitung an ihre Grenzen stoßen. Auch das wachsende Geschäftsvolumen zeigte an, dass die üblichen Abläufe in Lager und Versand sich bald hemmend auswirken würden. Durch die Schaffung einer leistungsfähigen logistischen Infrastruktur, vor allem einer automatisierten Lagerführung und Fördertechnik sowie verbesserter Arbeits- und Kommissionierprozesse, erfüllt die ABUS August Bremicker Söhne KG die wachsenden Anforderungen zur Belieferung ihrer Kunden. Darüber hinaus konnte nicht nur die Auftragsbearbeitung um ein Vielfaches beschleunigt, sondern auch die Transparenz und Qualität der Logistik erheblich gesteigert werden.
ABUS registriert die Tendenz, dass die Lagerhaltung bei seinen Handels-Kunden schrumpft. Die Folge sind kleiner werdende Aufträge, eine steigende Bestellfrequenz und der immer häufiger geäußerte Wunsch nach einer schnellen Belieferung. Hinzu kommt, dass dem Fachhandel ein zeitgemäßer Online-Bestellweg zur Verfügung gestellt werden soll. Ein Webshop bedeutet aber auch steigende Anforderungen an die Reaktionsfähigkeit einer Lieferkette. „Wir sahen es als zwingend an, unsere Lagertechnik zu erneuern, um effizientere Liefermöglichkeiten zu schaffen“, erklärt Wolfram Schäfer, Leiter der Bereiche IT und Organisation bei dem seit über 80 Jahren bestehenden Unternehmen. Kernstück war die Einführung des Lagerführungssystems (LFS) und die damit verbundene Prozessoptimierung. Die Software-Implementierung und die Durchführung des Projekts erfolgte durch den Logistikspezialisten Ehrhardt Partner Group (EPG) aus Boppard-Buchholz.
Der Effekt der Investition ist durchschlagend. Wurden früher Kommissionieraufträge viermal pro Tag im Batchlauf erzeugt und dann mittels Listen und Packzetteln erledigt, so steht jetzt ein Auftrag wenige Minuten nach der Erfassung im LFS zur Kommissionierung bereit. Für die Bearbeitung eines Standard-Auftrags wird im Schnitt noch eine Stunde benötigt, lediglich ein Viertel der zuvor benötigten Zeit. „Bis zum Abschluss einer Lieferung vergeht heute die meiste Zeit nicht mehr in der Auftragsbearbeitung, sondern bis zur Abholung der gepackten Sendungen durch unseren Paketdienstleister“, sagt IT-Leiter Schäfer. Das kommt auch der schnellen Belieferung des Fachhandels zugute, der jetzt über einen Online-Zugang Artikel direkt ordern kann. Viele Zweiradhändler sind über ihre Branchenlösung (Velodata) mit dem ABUS-Webshop verbunden, so dass sie aus ihrer vertrauten Software direkt Bestellungen absetzen können. „Eine leistungsstarke Logistik war für uns die Voraussetzung, um neue Vertriebswege für unsere Kunden zu öffnen“, erläutert Schäfer das Vorgehen.
Eine Besonderheit beim Produzenten für Sicherheitstechnik ist die Trennung in verschiedene Unternehmens- und Logistikbereiche, die aber bei Bedarf unterstützend zusammenarbeiten. Der Haussicherheitstechnik ist die Halle 1 zugeordnet, deren Logistik modernisiert wurde, während die Mobile Sicherheitstechnik in der völlig neu errichteten Halle 5 ihren Platz hat. „ABUS erlebt in jedem Frühjahr eine Auftragsflut, wenn alle Welt zu Saisonbeginn Produkte fürs Zweirad kauft“, erläutert Marco Ehrhardt, geschäftsführender Gesellschafter von der Ehrhardt Partner Group. Es wäre viel zu aufwändig, die Ressourcen zu unterhalten, um für lediglich einige Wochen im Jahr eine reibungslose Belieferung sicherzustellen. Wenn die Bestellungen explodieren, kann deshalb Halle 1 einen Teil der Auftragsbearbeitung für den Bereich Mobile Sicherheitstechnik übernehmen. „Die Logistik muss darauf eingestellt sein, sehr schnell zu reagieren“, ergänzt Ehrhardt: „Manchmal ist täglich zu entscheiden, ob Artikel aus der Mobilen Sicherheitstechnik auch über die Logistik für die Haussicherheitsprodukte laufen müssen, um die Lieferziele einzuhalten.“ Flexibilität ist auch wegen der Verschiedenheit der Artikel gefragt. So sind etwa Fahrradhelme an der modischen Aktualität orientiert. Was nicht zum Verkauf gelangt, wird nach Ende der Saison in den D-Artikelbereich verschoben. Diese Waren haben logistisch eine geringere Priorität, müssen aber weiterhin im Zugriff bleiben – etwa im Hinblick auf mögliche Verkaufsaktionen. Hier erfolgt die Kommissionierung mit Hilfe von LFS und MDE-Geräten.
Die zu modernisierende Halle 1 für den Bereich Haussicherheitstechnik wurde mit einer Behälterförderanlage ausgerüstet mit 16 Kommissionierbahnhöfen, in denen die Behälter mittels Pick-by-Light befüllt werden. Durchschnittlich erfolgen 22 000 Picks pro Woche. An die Rollenbahn angeschlossen sind 20 Paternoster-Aufzüge („Kardex –Shuttle“), die allein über 7000 verschiedene Artikel bereithalten. Zugleich gibt es einen manuellen Kommissionierbereich für C- und D-Artikel. Über die Produkte für Haussicherheit hinaus, von Türzusatzsicherungen und Schlössern bis zu Produkten der elektronischen Überwachung, werden hier aber auch die Artikel aus dem Bereich Mobile Sicherheit für die saisonalen Spitzenzeiten kommissioniert. Diese werden anschließend in die automatische Anlage umgelagert, wo sie für den raschen Zugriff bereitstehen. Die Steuerung des gesamten Systems erfolgt durch das Warehouse Management System (LFS), das auch den Nachschub sicherstellt. Jeder bestätigte Kommissioniervorgang führt zu Abbuchungen aus dem Bestand, die bei Unterschreiten der voreingestellten Mindestmenge eine Nachschub-Order für den jeweiligen Artikel auslösen. Darüber hinaus wird das ganze System ständig automatisch optimiert, indem die Lagerplätze nach Umschlagshäufigkeit und die Kommissionierwege nach Auslastung der Bahnhöfe festgelegt werden. „Wir haben eine leistungsstarke und doch flexible Lagertechnik geschaffen“, stellt IT-Leiter Schäfer fest: „Dabei mussten wir die Ressourcen noch nie ausreizen. Es stehen immer noch Reserven bereit. Die logistische Infrastruktur wird die weitere Entwicklung unseres Unternehmens auch langfristig tragen.“
Vereinfacht wurden auch die Prozesse in der Logistik. Früher wurden manche Informationen in Form eines Textes mitgeführt, etwa zu Liefersperren oder wenn ein Kunde keine Teillieferung wünschte. Das war nicht nur fehlerträchtig, sondern auch umständlich und löste in den Worten des IT- und Organisationsleiters öfter „eine Jagd nach dem Papier“ aus. Jetzt werden solche Daten von LFS geführt, was nicht nur die Arbeitsabläufe verschlankt, sondern auch die Fehlerquote drastisch abgesenkt hat. Ähnliches gilt für die Behandlung besonderer Kundenwünsche. Dies können spezielle Etikettierungen sein oder auch Verpackungen – beispielsweise wenn der Kunde jeden Artikel separat einlagern will und deshalb eine sortenreine Belieferung wünscht, etwa einen Fahrradhelm im eigenen Karton mit der Bezeichnung von Farbe und Größe. Dann schleust das Lagerführungssystem diese Artikel zwischen Kommissionierung und Versand aus, versieht die Mitarbeiter mit den nötigen Informationen, bringt die Aufkleber auf und führt die Kartons anschließend wieder der allgemeinen Lieferkette zu. Sobald eine Lieferung zum Versand bereit ist, kann eine Avisierung erfolgen, wie von manchen Kunden gewünscht. Dazu zählen neben den Fachhändlern auch Baumarktketten, die oft bereits über eine moderne Logistik verfügen. Wie Schäfer zufrieden berichtet, sei von diesen sogar mehrfach ein positives Echo gekommen: „Ihr seid schneller geworden.“
Ähnliche Effekte wurden bereits auch im Hinblick auf die Fertigung erzielt, obwohl die logistische Modernisierung der drei Produktionshallen am Firmensitz in Wetter – davon eine für Sonderanfertigungen wie etwa gleichschliessende Profilzylinder – sowie einer weiteren am Standort Rehe noch in der Planung ist. Durch die Anbindung des ERP-Systems Infor an LFS übernimmt letzteres die Stücklisten und die Bedarfszahlen. Das Lagerführungssystem bedient den Nachschub, sorgt für die Einlagerung, unter anderem in ein automatisches Kleinteilelager, und löst Bestellungen aus. ABUS hat jetzt einen besseren Überblick, kann den Arbeitsvorrat leichter einschätzen und das Personal früher einplanen. Die verschiedenen Produktionsbereiche sind rechtzeitig auf Auftragsspitzen vorzubereiten, indem die eigenen Ressourcen im Vorhinein darauf ausgerichtet werden. Genauso reibungslos funktioniert der Datenaustausch mit weiteren Systemen wie BMU (Vertrieb und Auf-tragsbearbeitung) sowie Rhenania (Versandabwicklung). Druckt beispielsweise ein Mitarbeiter Versandetiketten über die Versandabwicklung aus, so stellt LFS die Daten bereit.
IT-Leiter Schäfer war überrascht, wie reibungslos die Modernisierung realisiert wurde. Vor allem Halle 1 verlangte eine sorgfältige Vorbereitung, weil nicht nur LFS und die Logistikprozesse einzurichten, sondern auch die neue Fördertechnik aufzubauen war – also ein kompletter Umbau, und dies ohne Einschränkung der Lieferfähigkeit. Der Wechsel zur neuen Technik wurde über ein Wochenende angesetzt, für den montags darauf startenden Echtbetrieb waren Rückfallszenarien vorgesehen. Diese erwiesen sich als überflüssig, und wie geplant verließen an einem einzigen Nachmittag vor der Umstellung keine Lieferungen die Halle 1. „Trotz einer durchdachten Planung und einer intensiven Testphase hatten wir selbst nicht damit gerechnet, dass dies so reibungslos möglich war“, sagt Schäfer anerkennend.
Eine letzte Hürde war die bei manchen Mitarbeitern vorhandene Skepsis gegenüber dem neuen Lagerführungssystem, die Wolfram Schäfer mit den Worten beschreibt: „Wenn jemand 30 Jahre lang mit Packzetteln kommissioniert hat, dann ist bei einem solchen Sprung ein Gefühl der Verunsicherung nicht zu vermeiden.“ Dem wirkte die Geschäftsleitung entgegen, indem sie garantierte, dass durch die Modernisierung keine Arbeitsplätze verloren gehen würden. Auch wurden „Key-Kommissionierer“ ausgewählt, die im Testbetrieb in das System eingeführt wurden. Sie erkannten von Anfang an die Vorteile der neuen Arbeitsweise und machten ihre Kollegen mit der Technik vertraut: „Schon bald zeigte sich, dass keiner unserer Mitarbeiter das neue System mehr missen mochte.“